Wie lassen sich soziale und pflegerische Strukturen in ländlichen Räumen eigenverantwortlich und gemeinwohlorientiert organisieren? Diese Frage steht im Zentrum des Projektes „Wohnenplus² – Bürger-Genossenschaften“. Zum offiziellen Auftakt trafen sich am 23. Juli 2025 Projektpartner:innen, Forschende und zivilgesellschaftliche Akteur:innen in der Kleinen Markthalle in Stendal, um zwei Realexperimente vorzustellen. Die Freiwilligen-Agentur Altmark e.V. wird Soziale Dorfzentren als neue Wege zur lokalen Versorgung erproben. Ziel ist es, soziale Dorfzentren als vielseitige Einrichtungen zu etablieren, die medizinische Grundversorgung, Pflegeleistungen, Mobilität, Nahversorgung und soziale Teilhabe an einem Ort bündeln – ganz im Sinne einer integrierten Daseinsvorsorge.
Organisiert werden die Dorfzentren in enger Kooperation mit Bürgergenossenschaften oder vergleichbaren Institutionen. Diese gemeinwohlorientierten Träger sollen nicht nur Angebote bündeln, sondern aktive Beteiligung der Bevölkerung ermöglichen – sei es in der Pflege, im Ehrenamt oder bei der Ausgestaltung von Treffpunkten wie Cafés oder Nachbarschaftshilfen.
Genossenschaftliche Strukturen als Zukunftsmodell
Das zweite Realexperiment im Rahmen von Wohnenplus² wird von der WendLandWohnen eG verantwortet und widmet sich der Frage, wie bezahlbarer Mietwohnraum im Gebäudebestand erhalten und gemeinschaftlich organisiert werden kann – insbesondere in Regionen mit hoher Nachfrage, Leerstand und wachsenden Nutzungskonflikten. Die Vision: bestehende Wohnimmobilien genossenschaftlich nutzen, dabei Altbewohner:innen ein lebenslanges Wohnrecht sichern und gleichzeitig neue Wohnmodelle – etwa für Rückkehrer:innen oder junge Familien – ermöglichen. Dabei werden auch innovative Konzepte wie Erbbaurechte, Stiftungslösungen oder Umnutzungskonzepte für kirchliche und kommunale Gebäude geprüft. „Gerade im ländlichen Raum braucht es andere Lösungen als in der Stadt – sozial tragfähig, ortsverbunden und flexibel“, betont Daniela Weinand von der WendLandWohnen eG.
Wissenschaftlich begleitet – praxisnah umgesetzt
An der Hochschule Neubrandenburg erforscht Prof. Peter Dehne, unter welchen Bedingungen soziale Dorfzentren funktionieren, welche Rolle genossenschaftliche Träger spielen und welche Unterstützungsstrukturen auf kommunaler Ebene notwendig sind. „Unser Ziel ist es, tragfähige und praxisnahe Lösungsansätze für die Herausforderungen im ländlichen Raum zu entwickeln – gemeinsam mit den Menschen vor Ort“, sagt Maresa Pflanz, die das Vorhaben an der Hochschule wissenschaftlich begleitet.
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt Wohnenplus² ist Teil des Innovationsnetzwerks Elbe Valley. Der nächste Meilenstein ist die erste Regionalkonferenz am 14. November 2025, zu der Interessierte aus der gesamten Region eingeladen sind.
Ansprechpartnerinnen:
Freiwilligen-Agentur Altmark e.V.
Antje Hille
E-Mail: hille@fa-altmark.de
Telefon: 03931 / 21 21 90
Hochschule Neubrandenburg – Projektkoordination
Maresa Pflanz
E-Mail: wohnenplus@hs-nb.de
Unser Foto zeigt Beteiligte des Projektauftaktes in der Kleinen Markthalle. Von links: Marion Zosel-Mohr und Antje Hille (Freiwilligen-Agentur Altmark e.V.), Maresa Pflanz und Prof. Peter Dehne (Hochschule Neubrandenburg), Daniela Weinand, Renate Ortmanns-Möller und Lisa Schulze-Darup (WendLandWohnen eG). Nicht im Bild: Michael Seelig, Bündnis Grünes Wendland.