Ernst Paul Dörfler bei der KüfA: „Man kann mit wenig besser leben“

Der Naturwissenschaftler, Ökologe und Autor Ernst Paul Dörfler stellte im März 2022 in der Kleinen Markthalle sein 14. Buch mit dem Titel „Aufs Land“ vor. Zuvor war er mit Köstlichkeiten aus der KüfA, zubereitet aus gespendeten Lebensmitteln, versorgt worden. Das Konzept der „Küche für alle“, das sich gegen die Verschwendung von Nahrung richtet und Gemeinschaft beim Kochen, Essen und Austausch schafft, war ihm neu, passt aber genau zu seinem Lebensentwurf. In seinem neuen Buch verbindet Dörfler Erzählungen aus seinem Leben mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Als Nachkriegskind (Jahrgang 1950) in einem bäuerlichen Elternhaus lernte er früh ein Leben „fast ohne Geld“ kennen. Gegessen wurde überwiegend, was Acker, Garten und Straßenbäume hergaben. Die Selbstversorgung, die er zu 70 bis 80 Prozent beibehalten habe, liegt ihm quasi im Blut. „Die Abhängigkeit von der Natur habe ich schon als Kind kennengelernt“, sagt Dörfler und gibt zu bedenken: „Die Knappheit, die wir früher in der DDR erlebten, ist eigentlich der Realzustand auf diesem Planeten. Wenn alle so leben würden, wie wir heute, brauchten wir drei Erden.“ Der Mitbegründer der Grünen in der DDR brachte dort 1986 das erste Buch heraus, das sich mit Umweltfragen beschäftigte: „Zurück zur Natur“. Dörfler stellt fest: „Monokultur, Artensterben, Treibhauseffekt, Bedrohung des Klimas – das war alles schon bekannt.“ Nun seien wir an einem Punkt angekommen, an dem man den Zustand nicht mehr verdrängen könne. Der Naturschützer sieht Jahrzehnte der Restauration der Ökosysteme vor uns. Trockene Moore beispielsweise bräuchten dringend eine Renaturierung, um CO2 binden zu können: „Moor muss nass!“

In „Green Care Berufen“, die sich Erhalt und Pflege der Landschaft widmen, sieht Ernst-Paul Dörfler die Zukunft auf dem Land. „Es ist viel Arbeit da, aber sie muss auch bezahlt werden“, konstatiert er. Und er weiß auch schon, woher das Geld kommen soll: „57 Milliarden Euro werden jährlich ausgegeben, um klimaschädliches Verhalten zu belohnen. Davon machen Subventionen im Verkehrsbereich etwa 50 Prozent aus.“ Was den Wissenschaftler und Umweltschützer besonders sympathisch macht: Er ist kein schmallippiger Apologet des Verzichts, sondern ein optimistischer Fürsprecher des guten Lebens, der die ökologischen und sozialen Vorteile in den Mittelpunkt stellt, die ein anderer Lebensstil mit sich bringt. Noch mehr Konsum mache schlichtweg nicht glücklich, das sei sogar wissenschaftlich erforscht. „Man kann mit wenig besser leben.“ Seine Botschaft zum Schluss: nicht den Humor verlieren. „Humor ist eine erneuerbare Energie, die unbegrenzt zur Verfügung steht und uns die Kraft gibt, das, was jetzt vor uns steht, in Angriff zu nehmen. Ich habe nach wie vor die Hoffnung, dass wir aus dem Krisenmodus herauskommen.“