„Wir brauchen einen anderen Umgang mit Wasser“

Investigativ-Journalist Uwe Ritzer aus Bayern erlebte am 11. Oktober 2023 zwei Premieren: Er kam zum ersten Mal nach Stendal und er las zum ersten Mal in einer Kirche. Beides gefiel ihm offensichtlich. Der Autor mehrerer Bücher berichtete in der Marienkirche über seine Deutschlandreise in Sachen Wasser, die im Frühjahr unter dem Titel „Zwischen Dürre und Flut – Deutschland vor dem Wassernotstand: Was jetzt passieren muss“ als Buch erschien (Penguin-Verlag). Eingeladen hatte ihn die Freiwilligen-Agentur Altmark zur Langen Woche der Nachhaltigkeit.

Bevor Uwe Ritzer 2018 anfing, sich intensiv mit dem Thema zu befassen, ging es ihm wie den meisten Deutschen. „Früher waren wir so wasserreich, da hat keinen interessiert, woher das Wasser kommt“, sagt er.  2,2 Milliarden Menschen weltweit ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser – das passiert irgendwo ganz weit weg. Am Ende seiner Recherchen steht die Erkenntnis: „Wir sind im internationalen Maßstab immer noch ein Land, dass sehr viel Wasser hat. Gleichzeitig aber kündigen sich die Boten an, die sagen, das wird sich ändern.“

Apokalyptische Stimmung liegt jedoch nicht im Wesen von Uwe Ritzer. Er wendet sich lieber Handlungsoptionen zu. Ohne den einzelnen von seiner Verantwortung zum sparsamen Umgang mit Wasser freizusprechen, verdeutlicht der Wirtschaftsjournalist: Die großen Potenziale liegen woanders. Von den etwa 20 Milliarden Kubikmetern Frischwasserbedarf in Deutschland pro Jahr verbrauche die Wirtschaft drei Viertel. Im Gegensatz zum Privathaushalt zahlten Unternehmen jedoch nur Centbeträge fürs Trinkwasser und bekämen in drei Bundesländern sogar gratis den Zugriff auf das Gemeingut. „Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch deswegen ein Problem, weil Unternehmen überhaupt keinen Anreiz haben, Wasser zu sparen“, findet Ritzer. Hier sieht er ebenso Handlungsbedarf wie bei den Standortentscheidungen für industrielle Ansiedelungen: „Die Wasserversorgung muss am Anfang der Überlegungen stehen.“ Bei der „Gigafactory“ von Tesla in Grünheide z. B., die er für „Zwischen Dürre und Flut“ untersuchte, sei das nicht der Fall gewesen. Das Werk wurde in einer sehr trockenen Region in einem Wasserschutzgebiet gebaut.

Zehn Vorschläge zur Sicherung unserer Wasserversorgung macht der Autor am Ende seines Buches. Ganz oben steht der klare Vorrang der öffentlichen Versorgung mit Trinkwasser vor privatwirtschaftlichen Interessen. Punkt 2: Wasserversorgung darf nicht privatisiert werden. Sein engagierter Vortrag in Stendal verdeutlicht: der Journalist will aufklären, das Bewusstsein für Wasser als wertvolles Gut schärfen und die Dringlichkeit des Themas klarmachen. Ob Erdgas- oder Ölheizung, Kernenergie oder Sonnenstrom – für die Energieversorgung gebe es alternative Lösungen. „Wenn uns aber das Wasser ausgeht, kann man keine Lösung finden“, sagt Uwe Ritzer. „Wasser ist essenziell. Wir müssen zu einem anderen Umgang mit Wasser kommen. Und wenn ich wir sage, meine ich die gesamte Gesellschaft.“ Weil das Thema ausnahmslos jeden betrifft, ist Uwe Ritzer optimistisch, dass es uns gelingt.

Die Lange Woche der Nachhaltigkeit in der Altmark ist eingebettet in die Europäische Nachhaltigkeitswoche sowie die Deutschen Aktionstage Nachhaltigkeit. In diesem Rahmen werden die Veranstaltungen im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt Sachsen-Anhalt von der Freiwilligen-Agentur Altmark e.V. koordiniert bzw. organisiert.